next up previous contents
Next: Was ist das Up: Chaosforschung und das Previous: Zum Wesen der

Kommunikation in der Chaosforschung

Demnach besteht für den Chaosforscher ein viel höherer Bedarf an effektiver Kommunikation mit Wissenschaftlern anderer Fachrichtungen. Dies umfaßt nicht nur die Verständigung über neue Ideen, sondern auch die Übermittlung von Meßreihen, Parametern, Schemazeichnungen, schnellen Zugriff auf Literatur, Tagungsankündigungen, OnLine-Diskussionen, Programmsammlungen und sonstige Datenbanken.

Dem Austausch der Informationen durch Versenden von Disketten weit überlegen ist die Anbindung an das weltweite Internet. Damit stehen dem Benutzer u.a. folgende Dienste zur Verfügung:

telnet
Telnet ermöglicht das online-Arbeiten auf einem entfernten Rechner, sofern dieser Multi-User-fähig ist. Es muß sich aber nicht unbedingt um ein Unix-System handeln.
Electronic Mail
Dieser Dienst versendet 7-bit-ASCII-Texte (also reine Texte, ohne Umlaute und binärcodierte, satztechnische Informationen) rund um die Welt. Bilder, Töne und andere binäre Daten können übertragen werden, in dem man sie vorher konvertiert. (Viele Mailprogramme unterstützen sog. attachments, womit dies automatisch geht, zumindest, wenn der Empfänger auch so ein Programm verwendet.)
ftp
Weiß man, auf welchem Verzeichnis auf welchem Rechner eine Datei liegt, die man benötigt, so ist ftp effektiver als mail, weil es nicht notwendig ist, daß der Absender in Aktion tritt. Öffentliche Dateien kann man auch ohne Kenntnis eines speziellen Passworts holen, wenn man sich als anonymous einloggt und seine Emailadresse als Passwort benutzt. Möglich ist binärer Filetransfer (entspricht einer 1:1-Übertragung) oder Übertragung im ASCII-Modus. Letzterer ist meist Voreinstellung (Vorsicht !) und erledigt automatisch die Konversion verschiedener Darstellungen des Zeilenendes (Unix: nur Linefeed, MS-DOS/Atari: Carriage-Return und Linefeed, Mac: nur Carriage-Return). Sucht man ein bestimmtes File, kann man mit Hilfe eines Archie-Servers herausfinden, wo in der Welt dieses liegt.
News
Während man mit mail auch intime Informationen versenden könnte, weil die Briefe durch das eigene Passwort einigermaßen geschützt sind, dient News als Pinwand für offene Briefe. Eingeteilt in Hunderte von sog. Newsgroups findet man neben öffentlichen wissenschaftlichen Diskussionen und Ankündigungen auch Anzeigen von Leuten, die ihren Computer verkaufen wollen oder eine Wohnung suchen.
Gopher und World Wide Web
Im Gegensatz zu News enthalten Gopher und World Wide Web keine Privatanzeigen, sondern nur Informationen, die von den an diesen Netzdiensten beteiligten Institutionen bereitgestellt werden. Im Gopher findet man aktuelle Fahrpläne, aber auch Literatur und vieles mehr. World Wide Web ist noch etwas komfortabler, weil es auf Hypertext basiert und deshalb Grafiken integrieren kann. Momentan finden sich im WWW vor allem Beschreibungen von Institutionen; es bietet damit eine Möglichkeit, email-Adressen oder Telefonnummern von Instituten zu ermitteln.
remote shells
Mit remote shells kann man einzelne Prozesse auf andere Rechner auslagern und dadurch ein Workstation-Netz effektiv beschäftigen. Es muß dann auch nicht jedes Programm, das man benutzen möchte auf jeder Maschine installiert sein. Momentan laufen remote shells allerdings nur in Zusammenhang mit UNIX als Betriebssystem.

Unheimlich hinderlich wirkt sich aus, wenn die Daten in Formaten gespeichert sind, die an einzelnen Rechnern nicht dekodierbar sind. Je nach Menge und Wichtigkeit der Daten wird man sich auf die Suche nach einem Konversionsprogramm machen oder auf die Daten verzichten. Oft könnte man sehr schnell ein Konversionsprogramm schreiben, wenn das vorhandene Format nicht zu kompliziert ist und Dokumentationen über die Dateistruktur zugänglich sind. Dies ist bei kommerziellen Programmen aber meist nicht der Fall. In bezug auf Austauschbarkeit ist deshalb immer den Universitätsprodukten und GNU-Software der Vorzug zu geben, zumal diese Programme kostenlos für alle Wissenschaftler zur Verfügung stehen und auf den meisten Rechnertypen laufen. Da alle diese Programme über Archie lokalisierbar, über ftp kopierbar und meistens relativ leicht installierbar sind, kann den Benutzern von vernetzten Rechnern auch zugemutet werden, diese Programme zu benutzen. Das wird auch bereits von einem Großteil der Leute betrieben, die Daten oder Fachartikel über News oder ftp anbieten.

Manchen mag vielleicht die Vielzahl der Computer-Fachbegriffe abschrecken, aber ich denke, daß der Aufwand, sich diese Kenntnisse anzueignen, auf alle Fälle lohnt, weil der Informationsaustausch viel zu träge und einseitig wäre, wenn man sich nur auf die Literatur von einzelnen Zeitschriften konzentrieren und sich ab und zu am Stammtisch austauschen würde. Die Komplexität des zur Benutzung der Computernetze notwendigen Wissens ist im übrigen verschwindend im Vergleich zu der des Wissens, das man braucht, um gute Modellbildung machen zu können.

Schließlich spielt sich Chaosforschung im wesentlichen am Computer ab: Simulation, Modellierung und Charakterisierung von Zeitreihen oder Strukturbildung, sowie das Abfassen der Fachartikel sind sowieso ohne den elektronischen Rechenknecht undenkbar. Warum also nicht auch noch kommunizieren, wenn man ohnehin davorsitzt?



next up previous contents
Next: Was ist das Up: Chaosforschung und das Previous: Zum Wesen der



Werner Eberl
Sat Apr 15 13:17:50 MET DST 1995