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Die Rolle der Paradigmen in der Wissenschaft

Kuhn verwendet den Begriff ,,Paradigma`` in zwei verschiedenen Bedeutungen [Kuh76, Postscriptum,].

Entsprechende Begriffe formte schon 1935 Fleck [Fle93,Fle94]. Fleck verwendet dabei den Begriff Denkstil als eine Tradition geteilter Annahmen, die weitgehend unsichtbar sind und deshalb kaum hinterfragt werden. Diese Annahmen bestimmen, welche Fragestellungen interessant sind und von welcher Art die Lösung sein muß. Die Wahrnehmung eines wissenschaftlichen Problems ist ein aktiver und selektiver Gestaltbildungsprozeß im Rahmen dieser Annahmen. Mitglieder verschiedener Denkkollektive kleben an verschiedenen Denkstilen und reden tendenziell aneinander vorbei.

Während für Fleck Änderungen des Denkstils ein kontinuierlicher Prozeß sind, bringt Kuhn den revolutionären Aspekt ins Spiel: Die Forscher halten ein einem etablierten Paradigma sehr, sehr lange fest; auch wenn es bereits sehr viel Mühe kostet, neuere experimentelle Ergebnisse in Einklang mit den bestehenden Denkmustern zu bringen. Irgendwann setzt sich jedoch ein neues Paradigma durch, und dieser Prozeß geschieht relativ schnell, weil in einer Forschergemeinschaft zwei widersprechende Paradigmen nebeneinander unerträglich sind. Eine der Hauptbeschäftigungen der Wissenschaftler in der ,,normalwissenschaftlichen Phase`` (also zwischen den Revolutionen) ist das Lösen von Rätseln innerhalb kaum angezweifelter Denkmuster.



Werner Eberl
Sat Apr 15 13:17:50 MET DST 1995