In diesem Anhang soll ein Versuch beschrieben werden, mit dessen Hilfe die wesentlichen Effekte zur Steuerung komplexer Systeme veranschaulicht werden können. Im wesentlichen soll dieser Abschnitt als ein Beitrag zur Didaktik in der Physik verstanden werden. Es wurde deshalb darauf geachtet, den Versuch verständlich zu beschreiben und einen Aufbau zu verwenden, der mit einfachen Mitteln nachgebaut werden kann.
Ein tropfender Wasserhahn ist eines der aus dem Alltag bekannten Beispiele für einen Übergang von periodischer zu chaotischer Dynamik [CFPS86]: Ist der Hahn fast geschlossen (oder undicht), fallen in periodischer Folge Tropfen auf den Boden. Diese Dynamik läßt sich aufgrund ihrer strengen Periodizität auch gut vorhersagen.
Bei kleinem Zufluß bildet das Wasser an der Mündung des Hahns Tropfen. Erreichen sie eine kritische Größe, überwiegt die Schwerkraft die Adhäsionskräfte, und die Tropfen fallen zu Boden.
Auch das Fallen ist gut beschreibbar, im wesentlichen durch das Gesetz
Hier ist y die Höhe des Tropfens über dem Boden, die Höhe der
Wasserhahnmündung, g die
Fallbeschleunigung (
) und t die Zeit, die
nach dem Ablösen des Tropfens vom Hahn vergangen ist.
Anders sieht die Sache aus, wenn der Hahn weiter geöffnet wird: Das
einfache periodische Verhalten wird durch doppelt-periodisches Verhalten
(das Tropfen bekommt ,,Rhythmus``) abgelöst, das
über weitere Periodenverdopplungen
ins Chaos übergeht. Jetzt kann man nicht mehr vorhersagen, wann sich ein
Tropfen ablösen wird. Für den Ablöseprozeß spielen nun auch
Trägheitseffekte eine Rolle; das Modell, das nur Adhäsionskräfte und
Schwerkraft beinhaltet, reicht offensichtlich nicht mehr aus.
Trotzdem kann die Dynamik bei nicht zu großem Durchfluß noch mit wenigen
Variablen beschrieben werden [REHL88].
Weiteres Erhöhen des Durchflusses führt zu einem im oberen Bereich
zusammenhängenden Strahl, der weiter unten in unvorhersehbarer Weise
in einzelne Tropfen zerfällt.
In diesem Durchflußbereich läßt sich der Strahl gut steuern, indem man den Hahn mit kleinen Vibrationen anregt [Dyk82, S.73,], [RJ71], [RJ70].
Dabei kann man völlig periodische Ablösungen von Tropfen erreichen --- die Strahldynamik wird wieder vorhersehbar. Man kann sagen, daß die Steuerung die Komplexität des Systems vermindert hat.
Freilich gelingt die Steuerung nicht mit jeder beliebigen Steuerkraft. Vielmehr muß die Kraft gut an die Eigendynamik des Systems angepaßt sein. Sie hängt natürlich auch von der gewünschten Dynamik ab (vgl. Drehpendel, Kapitel 6).