Das Jahr-2000-Problem

Droht uns eine Katastrophe oder könnte diese Krise eine einmalige Reflexionschance bieten?

Gliederung

Text

Seminararbeit im Fach "Krisen in Computernetzen "

von M.Smodej und O.Kirschnek



Gliederung

1. Das Jahr 2000-Problem

2. Das Jahr-2000 Problem als Katastrophe

3. Verschiedene Formen der Reflexion

4. Fazit

5. Teste deinen eigenen PC

Literaturverzeichnis



Das Jahr-2000-Problem:

„Droht uns eine Katastrophe oder könnte diese Krise eine einmalige Reflexionschance bieten?"

Die Erdbevölkerung schließt in Kürze ein weiteres Jahrtausend in der Rechnung der Neuzeit ab. Ein Jahrtausend, in dem die Evolution der Menschheit mit ungeahnter Beschleunigung vorangetrieben ist. Der Versuch, ein Jahrtausend zurückzublicken und die Innovationen der Zwischenzeit auf das anbrechende Millenium zu projizieren, macht die Unzureichlichkeit der eigenen Vorstellungskraft transparent. Während wir bei den frühen Erfindungen keinerlei Probleme haben, deren Funktion und Wirkung zu erkennen, wandelt sich unser Verständnis mit der rasanten technischen Entwicklung schnell in steigende Ohnmacht. Aber keine Entwicklung hat jemals einen so tiefen und umfassenden Eingriff in unsere Gesellschaft vorgenommen, wie wir sie seit der Entwicklung des Computers mitverfolgen. Aus dem Atomzeitalter ist längst das Computerzeitalter geworden. Aber das Pendel des Lebens schlägt nie nur nach einer Seite aus und mit den enormen Chancen der Informationsverarbeitung tun sich auch die enormen Risiken auf. In der Welt der Computer beginnt mit dem Neujahrstag eine neue Zeitrechnung und damit ein neues gravierendes Problem: das „Jahr-2000-Problem" oder auch „Millenium Problem" genannt.

1. Das Jahr 2000-Problem

1.1 Die geschichtliche Entwicklung

1.1.1 Zeiten, in denen Speicher knapp und teuer waren

In den Gründerjahren der Datenverarbeitung füllten Rechner noch ganze Säle und Speicherkapazität war ein enormer Kostenfaktor. Durch den sehr knappen Speicherplatz wurde die Konstante 19 vor der Jahreszahl einfach weggelassen. Daraus folgte, daß BIOS und BIOS-basierende Programme nur zwei Stellen für die Jahreszahl zur Verfügung hatten. Die Einsparung hatte zur Folge, daß man erheblich kleinere Datenbestände bilden konnte und damit sanken auch die Kosten. Dateneingabe und -speicherung vollzogen sich durch Lochkarten, die mit 80 Bytes Speicherkapazität pro Lochkarte nur sehr begrenzt waren. Programme mit mehreren Kilobytes konnten durchaus in Kilogramm gemessen werden. Es ist deshalb auch verständlich, das jedes einzusparende Byte zählte, zumal für die damaligen Großrechner nur zwei bis vier Kilobyte Kernspeicher verfügbar waren. Böse Zungen behaupten, die völlige Ignoranz und der mangelnde Weitblick der damaligen Programmierer in Kombination mit dem Geiz der Auftraggeber nun die Industrie gewaltig zur Kasse bitten.

1.1.2 Versäumnisse bei der Systemerweiterung

Ein großes Maß an Blauäugigkeit existierte auch bei der Normierung der Software. Ende der 80 iger Jahre wurde mit dem ISO Standart 8601 das Format tt.mm.jjjj für das Jahr festgelegt. Kaum einer hat sich daran gehalten. Erst 1996 (!!) hat der amerikanische Federal Information Processing Standarts seine Empfehlung zum Austausch zweistelliger Jahresangaben bekanntgegeben. Die Systementwickler ziehen sich gerne mit dem Argument aus der Verantwortung, man konnte nicht ahnen, daß die von ihnen entwickelten Programme im Jahr 2000 noch im Einsatz sein würden. Sie gingen von der Durchsetzung anderer Systeme und Lösungen aus, die nicht mehr auf die "Sparlösung" bauen würden. Erschwerend wirkte noch die fehlende Reife der Methoden und Werkzeuge des Information Engeneering. Bei vielen Projekten wurde auf die Qualitätssicherung komplett verzichtet, da Kosten- und Zeitdruck keine Verbesserung der Software zuließen.

1.1.3 Bequemlichkeit der Anwender

Auch der Anwender trug zur Ausweitung am Jahr 2000 Problem bei. So wurde ein Datum aus Bequemlichkeit und zum Teil auch aus Ignoranz lieber in verkürzter Form eingegeben, als in dem etwas aufwendigeren vierstelligen Format. Das gleiche Verfahren bei der Datenausgabe, um Platz zu sparen und die Übersichtlichkeit zu wahren, wurde auf die vierstellige Datumsausgabe verzichtet. Der Schuldanteil der Anwender ist zwar gering, ihr Verhalten hat allerdings auch nicht gerade zur Entschärfung des Problems beigetragen. Vor allem die Beseitigung des zweistelligen Formats gestaltet sich aufgrund der Inkonsistenz der Anwender kritisch.

1.2 Programmbedingte Ursachen des Problems

Am stärksten sind wohl die Softwareprogramme auf den Mainfraimes (Großrechnern) betroffen. Diese Programme sind alt, komplex, über Jahrzehnte mit Informationen gefüttert und an die Betriebsbedürfnisse angepaßt. Sowohl die Individualsoftware (selbstgemacht oder beauftragt), als auch die Software aus dem Regal ist betroffen. Aber auch die Anwendungen auf der Mittleren Datentechnik bis hin zum UNIX und Windows NT sind zu untersuchen. Folgende Szenarien sind denkbar, wenn ein Computer anstatt das Jahr 2000 das Jahr 1900 einsetzt. Darlehen mit einer Laufzeit bis in das Jahr 2000 wird vom Computer möglicherweise falsch interpretiert und die Zinsen schnellen in astronomische Höhen. Kinder bekommen im Jahr 2000 schon Rente, obwohl sie gerade einmal in die Schule gehen. Um die Auswirkung diese zweistelligen Datumsformat zu verstehen, muß man nur einige elementare Rechnungen durchführen. Ein Mann oder eine Frau der/die am 05.05.70 geboren wurde, war am 31.12.96 laut Adam Riese 96 - 70 = 26 Jahre alt. Eine Berechnung im Januar des Jahres 2000 liefert dagegen 00 - 70 = -70 Jahre, was sicherlich falsch ist. Dieser Fehler wirkt sich natürlich auf alle gleichartigen Berechnungen aus wie z.B. Zinsberechnungen, Lohnzahlungen usw. Aber auch die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung liefert falsche Ergebnisse, die sich auf Lieferanten und Kunden auswirken, und dies nicht nur in jedem Unternehmen, sondern in fast allen Ländern dieser Welt. Resultierende falsche Ergebnisse führen nicht nur zu inkonsistenten Daten, sondern können das gesamte System zum Absturz bringen. Zu allem Überfluß haben viele Programmierer noch einen Haken in der Zeitrechnung nicht erkannt: das Jahr 2000 ist ein Schaltjahr! So kann es trotz scheinbar problemloser Umstellung Ende Februar zum gefürchteten und nicht mehr erwarteten Computer-Crash kommen.

1.3 Hardware-bedingte Ursachen des Problems

Bei der Mehrzahl der Computer gibt es Probleme mit dem BIOS-ROM, dem BIOS-RAM und dem Uhrenchip RTC. Das Datum wird unter DOS über den Interrupt 1 Ahex mit dem Call AH:04H in den Registern CX und DX der Real Time Clock (RTC) übergeben. CH beinhaltet das Jahrhundert, CL das Jahr, DH den Monat und DL den Tag, wobei alle Ausgaben in BCD-Notationen erfolgen. Das BIOS mit seinem Datum, ist genau für die Software verantwortlich, die das Datum vom BIOS bezieht. Software die die Systemzeit aus dem BIOS holt, ist im Jahr 2000 ohne Funktion. Ian Hugo, Mitglied des Task Force 2000 hat das PC-Hauptproblem sehr deutlich formuliert „Es gibt fünf Elemente im PC die Daten erzeugen, aufrufen, formatieren und verändern. Diese fünf Elemente sind CMOS_RTC, BIOS, Betriebssystem, Software und Anwendungen. Alle Elelemente müssen Jahr 2000 fähig sein, wenn das gesamte System nach dem Jahrhundertwechsel voll einsatzfähig sein soll. Software und Anwendungen erhalten ihre Informationen von den ersten drei Elementen. Jede der höheren Ebene kann Datumsinformationen von der unteren Ebene erhalten und kann Informationen der unteren Ebene korrigieren, verändern oder zerstören." Bedenkt man, bei wievielen Anwendungen Bezug zum Datum besteht, wird einem erst bewußt, wie groß das Ausmaß sein kann. Programme funktionieren nicht mehr, der Rechner streikt.

1.4 Allgemeine Wahrnehmung des Problems

In den USA wird dieses Problem mit großem Interesse verfolgt, dort kursieren so spektakuläre Wörter wie Doomsday, Time bomb, Nightmare, Techno-Terror-2000 oder Datengau in den Medien. In Europa hingegen hat man das Gefühl, daß das Problem nicht ernsthaft diskutiert wird, man könnte sogar sagen, es wird augenscheinlich weniger bis gar nicht bewußt wahrgenommen. Bei einem Blick in das Internet offenbart, das ca. 80 Prozent des Informationsmaterials über das Jahr-2000-Problem aus Amerika stammen, der Rest der Artikel verteilt sich auf Europa. Der volkswirtschaftliche Schaden beläuft sich laut Schätzungen aus dem Jahre 1993 auf ca. 50 Milliarden US-Dollar, neuere Schätzungen gehen von ca. 1.000 Milliarden US-Dollar aus, mit steigender Tendenz. Es werden Horrorszenarien beschrieben, die seinesgleichen suchen, sollten die Unternehmen die Jahr-2000-Umstellung nicht schaffen.

2. Das Jahr-2000 Problem als Katastrophe

2.1 Technische Katastrophe

Das Milleniumproblem stellt sich ursächlich als rein technisches Problem dar, dessen enorme Durchdringung der meisten menschlichen Bereiche des Alltags zu einem fast unüberschaubaren Komplexitätsgrad führt. Aus diesem Grunde erscheint die folgende Unterteilung sinnvoll.

2.2 Wirtschaftliche Katastrophe

2.2.1 Im Bereich der Banken

Die Finanzbranche ist die am meisten betroffene im gesamten Wirtschaftssystem. Nicht zuletzt fürchten die Unternehmen im Bankensektor die unabsehbaren Folgen von Fehlberechnungen, die in jedem Fall Schaden anrichten. Entweder zahlt die Bank zuviel aus, oder der Kunde zahlt der Bank zuviel. Beide Fälle stoßen beim Kunden auf wenig Begeisterung und Verständnis. Computer, die Schecks verarbeiten, werden ihren Dienst quittieren, weil sie sich weigern, Schecks mit dem Datum „00" registrieren zu lassen. EC-Karten werden von Bankautomaten verschluckt und nicht mehr ausgegeben, weil sie als ungültig erkannt werden. Kredite die an Firmen vergeben wurden, die nicht auf das Jahr 2000 vorbereitet sind, könnten in zahlreichen Zahlungsverzügen enden. Software, die Zinskalkulationen für Kreditkarten durchführt, benutzt die Anzahl von Tagen zwischen zwei Daten, um die Zinsen für die entsprechenden Tage zu berechnen. Wenn die Anzahl der Tage sehr groß ist, was beim Jahrhundertwechsel der Fall ist, werden dementsprechend hohe Zinsen berechnet und dem Kunden in Rechnung gestellt. Die Kunden werden diese Rechnungen natürlich monieren und sich bei dem entsprechenden Customer Service telefonisch beschweren. Die reine Menge dieser Anrufe wird ausreichen, um den Customer Service lahm zu legen. Das Ausbleiben der Zahlungen, die rein buchungstechnisch erwartet werden, führt zu weiteren finanziellen Problemen.

2.2.2 Im Bereich der Versicherungen

Auch im Bereich der Versicherungen sind die zeitbedingten Auswirkungen eventuell auftretender Fehler enorm und entsprechend gefürchtet. Versicherungspolicen würden verlegt oder falsch bearbeitet, da die zweistelligen Jahreszahlen ein Teil der Policenummer sind. Im Extremfall wären die Folgen eine komplette Umstellung des Nummernsystems, falls die alten Nummern bereits die maximale Anzahl der zur Verfügung stehenden Stellen auslasten. Es könnten Konten vorzeitig auslaufen, weil das interne Poolsystem annimmt, der Kunde habe seit Jahrzehnten die Zahlung abgesetzt. Wie im Bankwesen werden auch in der Versicherungsbranche einige betroffene und zurecht aufgebrachte Kunden zur gewappneten Konkurrenz überwechseln.

2.2.3 Im Bereich der Produktion und Lagersysteme

Ein Beispiel für die Grenze der Software ist die Erfahrung, die ein Pharmaunternehmen machte. Das Unternehmen stellte im Jahr 97 ein neues Präparat her und schickte die erste Ladung von 50.000 Behältern an ein automatisches Lager. Das Produkt war mit einem Verfallsdatum von 6 Jahren gekennzeichnet, was die Software leider nicht richtig interpretierte. Für das System fiel das Präparat nicht mehr in den Rahmen des gültigen Haltbarkeitsdatums. Das Lager war mit einer Robotiksteuerung ausgerüstet, die in einem solchen Fall die Vernichtung des Präparats vollautomatisch durchführte. Es wurden also die 50.000 Behälter vernichtet, ohne daß es jemand in dem Moment hätte verhindern können.

2.2.4 Im Bereich der Krankenhäuser

Diagnose- und Notfallgerät wird ersetzt werden müssen. Das kann Operationen verzögern, die sich auf die Terminplanung der Ärzte auswirken und eine Neuprogrammierung erfordern. Verschreibungen können nicht ausgefüllt werden, da daß Medikament mit dem Datum „00" versehen ist.

2.2.5 Im Börsenwesen

Viele Investmentfirmen verfügen über Softwareprogramme, die Kursentwicklungen verfolgen und daraus Entscheidungen über den Kauf und den Verkauf von Aktien treffen. Die Entwicklung einer Aktie berechnet sich auf der Grundlage der Preise zu einer Menge von Tagesdaten. Wenn der Kurs an einer großen Anzahl von Tagen niedrig ist, wird es wahrscheinlich, daß eine große Menge von Aktien zum Verkauf stehen. Dies führt zu weiteren Kursverlusten und im Extremfall zu einem Crash an den Börsen. Wenn die Anzahl von Tagen, an denen ein bestimmter niedriger Kurs gehalten wird, über den Jahrhundertwechsel hinweg ermittelt wird, kann sich rein rechnerisch eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen solchen Börsencrash ergeben, allein aufgrund der falschen Berechnung der Tage.

2.2.6 Im Bereich der Telekommunikation

Ein Abrechnungsprogramm in der Telekommunikation kommt bei einem Telefonat über den Jahrhundertwechsel hinaus in Schwierigkeiten. Bei der Berechnung der Gesprächsdauer wird nämlich das Anfangsdatum des Gesprächs vom Enddatum des Gesprächs abgezogen. Daraus ergibt sich bei einem zweistelligen Datumsformat eine Gesprächsdauer von 100 Jahren und eine dementsprechend hohe Telefonrechnung.

2.3 Soziale Katastrophe

Gesellschaftliche Auswirkungen werden sich im wesentlichen auf diejenigen beziehen, die dem Milleniumproblem durch ihre Ignoranz zum Opfer fallen. Nachdem es immer einige Führungskräfte gibt, denen nichts etwas anhaben kann, werden deren Firmen unter Umständen unversehens in den wirtschaftlichen Ruin rutschen. Vor allem kleinere Dienstleister mit wenig finanziellem Polster und eingeschränktem Kundenkreis sind stark von dem Wohlwollen ihrer Kunden abhängig. Fällt die versprochene Dienstleistung beispielsweise durch einen Totalausfall der EDV-Anlage ins Wasser, sucht sich dieser schnell einen anderen Partner und die Firma gerät schnell ins Wanken. Die reale Anzahl solcher Opfer, die zu „Sozialfällen" werden ist aber sicher nicht groß genug, um eine soziale Katastrophe auszulösen.

2.4 Ideologische Katastrophe

Vertrauensverlust der unfehlbaren Maschine

Die ideologische Katastrophe ist nicht wirklich existent. Dazu ist die Empfindlichkeit des hochkomplexen Systems Computer bereits zu transparent geworden und von vielen Tausend Arbeitnehmern im geschäftlichen Alltag zur schmerzlichen Erfahrung geworden. Den Ruf eines gottähnlichen unfehlbaren Systems hat der Computer längst verloren, ist er zu einem meistens funktionierenden Arbeitsgerät mutiert. Das Jahr 2000-Problem als einmalige Reflexionschance wird im ideelen Bereich leider recht wenig bis gar keine Spuren hinterlassen.

2.5 Einmaligkeit der Reflexionschance

Worin liegt die Einmaligkeit der Reflexionschance beim Milleniumproblem ? Im Grunde ist das Milleniumproblem auch oder vor allem ein Problem des Jahrhundertwechsels. Es ist der erste Jahrhundertwechsel in der Geschichte der Computertechnologie und deswegen einmalig. An der Problematik der Schreibweise würde sich nichts ändern, auch wenn wir nicht ins nächste Jahrtausend, sondern nur ins nächste Jahrhundert wechselten. Niemand schreibt schließlich als Datumsangabe 1.1.997. Desweiteren kann man mit allergrößter Sicherheit davon ausgehen, daß dieses Problem in dieser Form zukünftig niemals wieder auftauchen wird. Die banalen Ursprünge werden mit dem Milleniumswechsel für immer in den Datenhimmel geschickt.

3. Verschiedene Formen der Reflexion

3.1 Die wirtschaftliche Reflexionschance

Bestehende Anwendungen am Laufen zu halten, verschlingt hohe Wartungskosten. Dies ist keine neue Erkenntnis. Schließlich müßte man enorme Ressourcen allein schon für die Analyse der von der Umstellung betroffenen Anwendungen bereitstellen. Die Anwendungssysteme beziehungsweise Funktionalität neu zu entwickeln, bedeutet höhere Aufwendungen, als sie für die Anpassung an die Vierstellen-Problematik der Jahreszahlen anfallen. Die andere Möglichkeit wäre Stück für Stück jedes Programm vorzunehmen und zu untersuchen, ob es den Änderungen des geschäftlichen Umfelds und der Technologie folgen kann. Schließlich sind Änderungen in der Steuergesetzgebung keine Seltenheit und die entsprechenden Programme für Personalwesen etc. bedürfen häufig jährlicher Anpassung. Vor diesem Hintergrund müßte den meisten IT-Verantwortlichen die Problematik und deren Auswirkungen bekannt sein. Der jetzt anstehende Umstellungsaufwand für das Jahr 2000 erreicht allerdings eine bisher unbekannte Dimension. Unabhängige Analysten in den USA haben einen Durchschnittswert von 0,30 bis 1 Dollar Änderungskosten pro Programmzeile errechnet, je nach Komplexität und Häufigkeit der Datenreferenzen im Programm. Für ein typisches Unternehmen mit 5000 bis 10.000 Programmen und 10 Millionen Programmzeilen würden sich die Änderungsaufwendungen damit auf eine Summe zwischen drei bis fünf Millionen Dollar belaufen. Und diese fallen an, ohne Erweiterung oder Modernisierung des Anwendungssystem durch graphische Benutzerschnittstellen oder andere gewünschte Verbesserungen an den bestehenden System. Die Gefahr ist groß, daß bei zu spätem Start des Umstellungsprojekts die erforderlichen Aufwendungen sämtliche anderen geplanten Projektaktivitäten an den Rand drücken. Selbst Anwender von Standardpaketen sind nicht vor dem Jahr 2000 und seinen Auswirkungen gefeit. Denn wer kann schon von seiner Software behaupten, daß sie überall auf dem aktuellen Release-Stand ist oder Datumsfelder und Datumsangaben durch eigene Individualisierung nicht auf die eine oder andere Art zweckentfremdet wurden. Was liegt da näher, als den Entschluß ins Auge zu fassen, das Alte als Auslaufmodell zu betrachten und neue verteilte Anwendungsmodelle zu bauen, die dem aktuellen technologischen Stand widerspiegeln. Der Markt boomt weltweit. Firmen wie die SAP AG, Waldorf haben Hochkonjunktur, die mit dem Entschluß der Systemumstellung noch verstärkt wird. Denn im Gegensatz zu den meisten Projekten muß die Systemkonvertierung bis zum 31.12.1999 definitiv abgeschlossen sein. Die Zeit läuft und es gehört nicht viel Vorstellungskraft dazu, eine Zunahme der aufgeschreckten Kundschaft vorherzusagen, die zu einem Kapazitätsengpaß führen muß. Aber nicht nur seriöse Vertreter der programmierenden Zunft wittern ihre wirtschaftliche Chance. Nervöse und fachlich unkundige Verantwortliche greifen gerne nach dem vielversprechenden Strohhalm, wenn er ihnen nur hingehalten wird. Halbseriöse Diagnostiksoftware wird bereits in jeder Anzeigenkolumne angepriesen, obwohl das Internet gleiches kostenlos zur Verfügung stellt. Dort finden sich dann auch, zu Gesellschaften oder Vereinigungen zusammengeschlossen, Vertreter der lautstarken Zunft, die eine Apokalypse an die nächste mögliche Katastrophe reihen und den Leser mit der Frage zurücklassen, ob nicht sogar aus solchen Interessenvertretungen ein Großteil der düstersten Prognosen stammen. An dieser Stelle bietet sich die Möglichkeit der Reflexion recht deutlich für eventuell Betroffene, denn es erscheint fraglich, sich die Eigeninformation zu ersparen und sich statt dessen bei den selbsternannten Propheten des Unheils für teures Geld zu verdingen.

3.2 Die soziale Reflexionschance

Interessanterweise hat das Milleniumproblem auch eine Vielzahl von neuen sozialen Chancen hervorgerufen. Firmen, die über alte Software verfügen stehen oftmals vor einem Problem: zu Entstehung und Struktur sind keine Unterlagen oder ähnliche Protokolle vorhanden und die alten Programmsprachen wie Fortran oder Cobol sind heutzutage ungebräuchlich. Für solche Programmierer der alten Schule ist mittlerweile durch die ständig steigende Nachfrage ein interessanter, aufblühender Markt entstanden. Firmen gar, die in die Situation geraten, ihren alten Programmierer noch einmal für die Lösung des anstehenden Problems zu beauftragen, können sich besonders glücklich schätzen. Es wird also einige alte Herren geben, bei denen bald das Telefon klingelt und sie noch einmal die guten alten Zeiten durchleben läßt. Nur zu anderen Stundensätzen als damals.

3.3 Die ideologische Reflexionschance

In der heutigen Zeit scheint dem Siegeszug der Technik nichts mehr entgegen zu stehen. Waren noch vor 2-3 Dekaden natürliche Werte in der ideologischen Welt das erstrebenswerte Ziel der Jugend und intellektueller Antriebsmotor, hat sich dies grundlegend geändert. „All the Hippies work for IBM and take control.." hat der Musiker Joe Jackson in einem seiner Songs geschrieben und trifft damit einen erstaunlichen Kern der Entwicklung. Die Generation der 60-iger und 70-iger Jahre, damals allesamt dem Materialismus und der Technik abgewandt, sind die Entwickler und heutigen Verfechter der Hochtechnologie. Hier haben sich Entwicklungen abgezeichnet, die großen individuellen Raum zur Reflexion bieten. Es scheint geboten, den sich spreizenden ideologischen Bogen wieder zu schließen.

4. Fazit

Der Mensch erschafft Computer und steuert seine Fähigkeiten, ist für seine Leistungen allein verantwortlich. Aber der Mensch selbst ist fehlerbehaftet und aus diesem Grunde wird es immer wieder computer- weil menschengesteuerte Unfälle und Katastrophen geben. Ein Verzicht und damit eine Zukunft ohne Unterstützung von Rechenmaschinen ist bereits heute undenkbar. Und das, obwohl die Verbreitung von elektronischer Informationsverarbeitung erst in geschichtlich allerjüngster Zeit stattgefunden hat. Eines Tages wird der Computer vielleicht seine eigene Intelligenz steuern. Und damit nüchtern betrachtet doch „perfekter" sein als der Mensch es jemals kann. Dementgegen steht ein übergeordnetes ehernes, bereits erwähntes, Gesetz: das Pendel schlägt immer nach beiden Seiten aus, wo Licht ist, ist zwangsläufig auch Schatten. Der Mensch scheint das komplexeste Lebewesen der Erde zu sein und erlebt mit der Fähigkeit zum komplexen Denken gleichzeitig seine Schattenseiten. Die Rituale der Zivilisation werden immer undurchsichtiger, Verantwortungen werden gebündelt und verselbständigen, spezialisieren sich. Mit den enormen Erweiterungen seines technischen Handlungsspielraumes beschränkt sich gleichzeitig der tatsächliche Freiraum des Menschen. Soziale und wirtschaftliche Entwicklungen entladen sich immer wieder in vernichtenden kriegerischen Auseinandersetzungen. Wie eine Schwingung pendelt das Wohlsein der Menschheit um eine imaginäre Linie. Ein unsichtbares Pendel der Evolution. Der Mensch hat in seiner Entstehungsgeschichte und nachfolgender Entwicklung zumindest bis zum heutigen Tage durch seine Fähigkeit der Anpassung die Ausschläge gemeistert. Er hat also überlebt. Und dies nicht zuletzt aufgrund seiner Unvollkommenheit und der Bereitschaft, bewußt Fehler zu begehen und seine eigenen Grenzen dadurch hinauszuschieben. Bei künstlicher Intelligenz ist eine solche Konsequenz der Inkonsequenz nicht in Sicht: die Intuition. Die eigentliche Chance zur Reflexion muß lauten: wie wollen wir die der Menschheit zur Verfügung stehende Macht verteilen ? Wird die Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe in irgendeiner Form von der Personifizierung beeinflußt ? Die Antwort lautet eindeutig Nein. Katastrophen sind immer schon über die Menschheit hereingebrochen und werden es auch zukünftig tun. Und im Grunde genommen ist die Ursache der Katastrophe nebensächlich. Die schlimmsten Katastrophen hat der Mensch sich selbst zugefügt. Aber die Chance der Reflexion liegt in der Überlegung der Verteilung der menschlichen (=computerlichen) Macht. Es ist für die Zukunft von extremer Wichtigkeit, die Möglichkeiten des Eingreifens, die Möglichkeit der Steuerung von Vorgängen, Entwicklungen und Abläufen in die Verantwortung vieler verschiedener Individuen zu legen und damit die Auswirkungen von Katastrophen zu begrenzen. Ob es sich dabei um einen Menschen oder künstliche Intelligenz handelt, wird unbedeutend sein. Denn beide werden Fehler machen!

5. Teste deinen eigenen PC

Für die erste Überprüfung der Jahr 2000 Tauglichkeit der Hardware und des Betriebssystems eines PC gibt es einen einfachen ersten Test, den jeder PC-User, also auch Apple und andere Personal Computer, selbst durchführen kann:

1. Einstellung des Datums und Uhrzeit im BIOS bis kurz vor den 'Jahrtausend'-wechsel (z.B. 31.12.1999/23.58.00). Den Zugang zum Bios erklärt ein Text nach dem Hochzählen des Speichers wie z.B: "Press F2 to enter Setup". Folgt man dieser Vorgabe gelangt man in die unterste Ebene der Hardwaresteuerung. Vorsicht !!! Eventuelle Fehleinstellungen können fatale Folgen haben und das System komplett lahmlegen. Man sollte also an dieser Stelle keine Experimente durchführen und ausschließlich die Zeiteinstellung ändern.

2. Abschalten des PC und warten bis der 'Jahrtausend'-wechsel vorbei ist.

3. Starten des PC und Überprüfung der Systemzeit des Betriebssystems.

Folgende zwei Fälle können nun eintreten:

1. Nach dem Booten führt das Betriebssystem das Datum aus dem Jahr 2000. In diesem Fall bedarf es keiner weiteren Einstellung mehr. Dies sollte unter anderem bei den Betriebssystemen Linux (2.0.29), OS/2 Warp 4 und Windows NT (4.0) der Fall sein.

2. Nach dem Booten erscheint im Betriebssystem ein altes Datum z.B. 01.01.1980. Hierbei kann nun das BIOS den Zeitenwechsel nicht richtig umsetzten und fällt auf ein programmiertes frühestes Datum zurück.

Bei manchen Betriebssystemen kann nun durch eine manuelle Zeitkorrektur (wie bei DOS und Windows 95 mit der Eingabe des Befehls "date" und anschließend "time") dieses Problem behoben werden. Hierbei greift das Betriebssystem auf das BIOS zu und setzt einen entsprechenden Zähler für das 'neue' Jahrtausend. Beim nächsten Booten tritt das Jahrtausendproblem nicht mehr auf. Sollte das Problem auf BIOS-Ebene liegen, kann hier ein BIOS-Update durch eine aktuellere BIOS-Version (sehr einfach übers Internet zu bekommen) Abhilfe schaffen. Besitzer von Billig-No-Name Motherboards könnten hier allerdings das erste (oder zehnte) Mal ihren Verkäufer oder ihre Sparsamkeit verfluchen. Für sie stehen die Chancen auf aktualisierte Treiber nicht sehr gut.

Das Schaltjahrproblem stellt für den PC-Benutzer kein Problem dar. Das Schaltjahrproblem besteht darin, daß jedes volle Jahrhundert entgegen der 4-Jahresregel kein Schaltjahr ist (z..B. 1900), aber jedes volle vierte Jahrhundert (eben 2000), dann doch wieder. Da das BIOS nur mit der 4-Jahresregel arbeitet, wird auch automatisch das Jahr 2000 als Schaltjahr gesetzt, wie es im Gregorianischen Kalender vorgesehen ist.

Mit dieser oben geschilderten Überprüfung hat man zwar sichergestellt, daß der Computer bzw. das Betriebsstem das Jahrtausendproblem meistert. Im nächsten Schritt muß aber noch die Jahrtausendfähigkeit der einzelnen Softwareapplikationen überprüft werden. Dies muß individuell für jede einzelne Applikation durchgeführt werden.

Für die wichtigsten Windows-Applikationen enthält folgende Liste, abhängig von der Form der jeweiligen Datumseingabe (zwei- (yy) bzw, vierstellig (yyyy)), die jeweiligen Datumsgrenzen bis zu denen das Programm ausgelegt ist.

Microsoft Office und das Jahr 2000

Produktname Datumslimit Datumsformat
Microsoft Access 95 1999 bei yy Datum
Microsoft Access 95 9999 bei yyyy Datum
Microsoft Access 97 2029 bei yy Datum
Microsoft Excel 95 2019 bei yy Datum
Microsoft Excel 95 2078 bei yyyy Datum
Microsoft Excel 97 2029 bei yy Datum
Microsoft Excel 97 9999 bei yyyy Datum

Literarutverzeichnis

Focus: Computer Chaos 2000, Nr.44 27.Oktober 1997

http://www.iid.de/jahr2000/index.html

http://www.Y2K.de

http://www.year2000.com

http://www.initiative2000.de

http://www.jahr-2000.de

http://www.data-dimension.com/html/miljnlvw.htm