6. Zusammenfassung

Das Thema „Kriminalität im Internet“ gehört wahrscheinlich zu den am häufigsten diskutierten Themen im Bereich des Internets. Eine einheitliche Lösung ist längst überfällig und wird den schon angerichteten Schaden nicht mehr beheben können. Kinderpornos, rechtsradikale Hetze, digitaler Geldraub und ähnliche Horrorszenarien rufen erst jetzt die Staatsmacht auf den Plan. Erst seit wenigen Monaten verfügen alle Landeskriminalämter und das BKA über Internet-Anschlüsse, die Polizeipräsidien in den Städten zumeist nicht. Derzeit führend sind die Kommissariate in Berlin und München. In München wird täglich „anlaßunabhängig“ im Internet und in allen Online-Diensten nach strafbaren Inhalten wie Kinderpornographie, Volksverhetzung und ähnlichem geforscht. In Berlin befassen sich deren Kollegen vorwiegend mit Raubkopierern und deren Deals in den Computernetzen. Die Frage, warum es im Internet Kriminalität gibt, ist gleichbedeutend mit der Frage, warum der Mensch dem Wesen nach gut oder schlecht ist. Überall dort, wo heute gesellschaftliches Leben stattfindet, hat auch die Kriminalität ihren Platz gefunden. Wer das Internet nur aus den Medien kennt, muß es für einen großen Sündenphuhl halten, übersät mit einer Vielzahl von Perversen, Rassisten, Neonazis und Softwarepiraten. Eigentlich ist es ein sehr viel- fältiges Medium, geschaffen zur weltweiten Kommunikation. In ihm soll praktisch über alles informiert und diskutiert werden, was in irgend einer Weise wissenschaftlich, kulturell oder gesellschaftlich von Interesse ist. Das „Netz der Netze“ als „elektronischen Bahnhofsvorplatz“ abzustempeln, wird seiner ursprünglichen Bedeutung nicht gerecht. Doch man muß gerechterweise zugeben, daß in letzter Zeit die Häufung von kriminellen Staftaten überproportional zugenommen hat. Das erste mal, daß die Öffentlichkeit von der „Kriminalität im Internet“ Kenntnis genommen hat, war im Herbst 1995. Die Staatsanwaltschaft in München leitete ein Verfahren gegen den Online-Dienst „CompuServe“ ein. Es wurde ihm zum Vorwurf gemacht, maßgeblich an der Verbreitung von Kinderpornographie über „Internet-Newsgroups“ beteiligt zu sein. Die Sperrung von über 200 „Newsgroups“ erregte ein weltweites Aufsehen. Doch „CompuServe“ blieb nicht lange allein. Auch „T-Online“ und „AOL“ gerieten in das Kreuzfeuer der Kritik. Derzeit sind die Ermitlungen noch nicht abgeschlossen und es kam noch zu keiner „echten“ Anklage gegen die Online-Dienste. Die juristische Lage läßt erwarten, daß die Verfahren gegen Online-Dienste alle eingestellt werden. Strafbar ist nach § 184 StGB die Verbreitung von pornographischen Schriften. Problematisch ist hier allenfalls der Begriff der „Schrift“ nach § 11 Abs. 3 StGB. Derzeit wird in Bonn deshalb eine Ergänzung der Definition in Richtung Datenträger vorbereitet. Dennoch muß man wohl schon jetzt davon ausgehen, daß es ausreicht, wenn der Täter pornographisches Material elektronisch bereithält. Bei sogenannter „weicher“ Pornographie ist das Gesetz freizügiger als bei „harter“. Besonders streng ist das deutsche Strafrecht, wenn rassistische und nationalsozialistische Äußerungen verbreitet werden. Hier sieht § 130 StGB Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vor. Die Verbreitung ehrverletzender Äußerungen fällt unter die §§ 185 bis 189 StGB. Das heißt, wer üble Nachrede in „Newsgroups“ einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht, dem drohen bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe. Juristisch problematisch ist die Anwendung der Strafvorschriften aus dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS). Hier plant der Gesetzgeber eine Anpassung des Gesetzes. Von Interesse ist hier, ob das Angebot oder die Verbreitung im Inland auf volljährige Nutzer beschränkt werden kann. Das Urheberrecht ist auch auf das Internet anwendbar. Der § 106 Urheber- gesetz droht dem, der geschützte Bücher, Texte, Filme, Musikstücke widerrechtlich vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren. Für gewerbsmäßige Täter kann hier die Strafe bis zu fünf Jahren betragen. Aber all diese Gesetze und auch alle, die in Zukunft auf uns zukommen, sind nicht die einzigen Lösungsansätze zur Kriminalitätsbekämpfung im Internet. Ich denke eine Art „Aufruf zur Selbstkontrolle“ würde vieles vereinfachen. Der Staat sollte nur dort eingreifen, wo ein Handeln der Bürger und der Industrie keinen Sinn macht, oder eine Gefahr für diese besteht. Die Industrie hat auf die politischen Warnsignale reagiert. Durch eigene Initiativen im Bereich der „Kindersicherungen“ ist zumindestens ein Schritt in die richtige Richtung gemacht. Über die Effektivität dieser Maßnahmen läßt sich streiten, doch niemand behauptet eine hundert prozentige Lösung zu besitzen. Gefragt sind derzeit keine Alleingänge, sondern gemeinsame Initiativen. Wir werden die Existenz von „Kriminalität im Internet“ nicht wegdisku- tieren können, aber so wie jeder andere Lebensbereich der Gesellschaft, wird auch hier ein Aufrechterhalten ohne Schutzmaßnahmen nicht mögich sein.