2. Pornographie im Internet am Beispiel "CompuServe"

Im vergangenen November durchsuchten Beamte der bayerischen Staatsanwaltschaft Geschäftsräume und Unterlagen der Firma CompuServe, einem der weltweit größten kommerziellen Computernetze. Neben eigenen Informationen bietet CompuServe auch einen Zugang in das nicht-kommerzielle Internet, das wissenschaftliche Einrichtungen und Hochschulen weltweit miteinander verbindet. Neben vielen wissenschaftlich-seriösen oder auch harmlos-interessanten Themen enthält das Internet an einigen Stellen aber auch sexistische und rassistische Bilder und Texte. Ein „User“ mit geringen Internet-Kenntnissen kann sich in einer relativ kurzen Einarbeitungszeit mit Hilfe des „Netscape Navigators“ oder des „Internet Explorers“, zwei der weltweit führenden WWW-Browser, in die Welt der „Newsgroups“ einschleusen. Man muß nur den Namen seines „News-Servers“ kennen („news.compuserve.com“) und schon kann die Reise beginnen. Ich möchte am Beispiel des „Netscape Navigators“, die Einfachheit demonstrieren, da dieser standardmäßig mit „News-Reader“ Eigenschaften ausgestattet ist und über einen längeren Zeitraum als „Browser“ der „CompuServe-CD“ beilag. Als erstes trägt man den Namen des „News-Servers“ ein. Als nächstes kann man das „News Reader“ Programm öffnen. Jetzt hat man zwei Möglichkeiten. Entweder man empfängt alle „Newsgroups“ die der „Default Host“ kennt, oder man sucht gezielt nach den Inhalten einschlägig bekannter „Newsgroups“. CompuServe bietet hier eine Fülle von Daten an Kinderpornographie, sowie Pornographie mit Tieren oder Fetischen. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Bildmaterial, welches unter den einzelnen „Usern“ ausgetauscht wird, sowie Kontaktanzeigen. Diese sogenannten Diskussionsforen bieten für jede Neigung ausreichendes Datenmaterial. Eine kleine Auswahl habe ich hier aufgeführt:

 

alt.binaries.pictures.erotica.pre-teen

alt.binaries.pictures.erotica.teen.female

alt.binaries.fetish.scat

alt.binaries.pictures.erotica.pedophilia

alt.binaries.pictures.erotica.animal

 

vor der Benutzung der "links" wird ausdrücklich gewarnt und geschieht auf eigene Verantwortung

 

Wenn man bedenkt wie einfach Minderjährige, die einen Internet-Zugang über CompuServe besitzen, an dieses Datenmaterial herankommen, dann ist die Sorge der Staatsanwaltschaft berechtigt. CompuServe ist ein kommerzieller Internet-Anbieter, welcher mit der indirekten Verbreitung von diesem Material sein Geld verdient. Die Ausrede der CompuServe-Geschäftsführung, eine Zensur wäre technisch nicht zu realisieren, ist schlichtweg falsch. Die meisten Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland zeigen auf, wie es geht. Hier besteht keine Möglichkeit auf normalen Weg die Schutzeinrichtung der „Firewalls“ zu umgehen. CompuServe ist der Ansicht, wenn einige der einschlägigen „Newsgroups“ geschlossen werden, ist das Problem beseitigt. Dies ist wiederum falsch. Erstens wechseln die Namen der „Newsgroups“ ständig und zweitens bekommt ein Anbieter von verbotenem Material schnell mit, wenn ein Forum geschlossen wird und er verlegt sein Geschäftsfeld. Ein weiteres Problem ist, daß der „User“ bei CompuServe ohne Schwierigkeiten seinen „News-Host“ wechseln kann. Genügend Anleitung um sein Problem zu lösen, findet er im World Wide Web. Man sucht unter dem Index „public newsserver“ mit einem der bekannten „Search Engines“, zum Beispiel „Alta Vista“ oder „Yahoo“. Als Ergebnis erhält man eine Vielzahl von „links“ zu einem neuen „Newsserver“. Ich selbst habe Erfahrung mit diesem Thema bei CompuServe sammeln können. Im Sommer 96 habe ich einige Bilder mit verbotenem Inhalt dem Dezernat für Computerkriminalität in München zukommen lassen. Bei meinem Besuch konnte ich mich über die fast aussichtslosen Bemühungen der Beamten überzeugen. Zu wenig Personal, mangelnde Ausrüstung und eine unsichere Gesetzeslage beschneiden die Beamten bei ihrem Kampf gegen die Kinderpornographie im Internet. Erste Schritte werden aber jetzt vom Deutschen Bundestag unternommen. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages hat zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Datennetzen eine rasche Harmonisierung des internationalen Rechts gefordert. Wer über Internet Bilder von Sex mit toten Kindern verbreitet, kann sich nicht auf Meinungsfreiheit berufen. Zu den wichtigsten Forderungen der Kinderkommission zählt eine rechtlich einwandfreie und an Mailboxen und Online-Dienste angepaßte Klarstellung der rechtlichen Lage bei Abhörmaßnahmen und Durchsuchungen. Dabei müsse auch geregelt werden, ob Online- Dienstanbieter verpflichtet werden können, entsprechende Verbindungsdaten ihrer Kunden zum Zweck der Strafverfolgung zu speichern. Aber kaum werden die ersten Versuche unternommen, Gesetze zu schaffen, schreit gleich ein großer Teil der Internet-Gemeinde von Zensur. Die meisten schätzen am Internet die totale Meinungsfreiheit, für andere dagegen stellt es einen bedrohlichen rechtsfreien Raum dar. Die Sperrung einzelner „Newsgroups“ ist eigentlich nichts Spektakuläres. Auch die Online-Dienste „America Online(AOL)“ und „T-Online (Deutsche Telekom)“ achten darauf, daß ihr Angebot hinsichtlich der „Newsgroups“ sauber bleibt. CompuServe dagegen gerät durch die wahllose Zensur ins Kreuzfeuer der Kritik. Neben den Foren von Päderasten und Nekrophilen fielen ihr auch solche zum Opfer, in denen ernsthaft über Religion und Sexualität, die Probleme Behinderter, Aids oder die politische Gleichberechtigung von Mann und Frau diskutiert wurden. Andererseits blieben „Newsgroups“ verschont, in denen etwa die „Ausschwitz-Lüge“ verbreitet wird. In den USA war die Empörung am größten und die deutschen Behörden wurden gleich wieder mit Nazi-Deutschland verglichen. Doch die eigentlichen Schuldigen sitzen bei CompuServe selbst. Denn anstatt die Inhalte der „Newsgroups“ einer Prüfung zu unterziehen, entschloß man sich zu einer generellen Zugangssperrung. Doch diese mußte aus angeblichen technischen Gründen weltweit erfolgen. Erst unter dem Druck der Kunden, die mit der Kündigung ihrer Verträge drohten, entwickelte CompuServe eine Möglichkeit regional unterschiedliche Inhalte anzubieten. Es stellt sich also die Frage nach dem rechtlichen Status der „Internet- Provider“. Sind sie wie die Rundfunkanstalten für die von ihnen transportierten Inhalte verantwortlich, oder muß man sie eher mit der „Deutschen Bundespost“ oder der „Deutschen Telekom“ vergleichen, denen es egal scheint, was durch Ihre Kanäle fließt?